Montag, 2. Januar 2006

Die baz, ein Notfallbetrieb

Claudia Kocher auf S. 13 berichtet - ja von was eigentlich? Den Titel jedenfalls hat ihr wohl Andreas Bitterlin, der Mediensprecher des Unispitals - als solcher bezahlt für's Schönreden - diktiert:

Frauen gebären gern im Unispital

Soso? Empirisch schwer zu belegen, behaupte ich mal. Und im Artikel nicht untermauert. Item. Der erste Satz im Lead jedenfalls ist bereits ein Missverständnis:

Im Frauenspital geht es öfters zu wie in einem Notfallbetrieb.

"Ein Notfallbetrieb"? Was stellt der denn her? Notfälle? Ja, etwa so sehr wie der Hochbetrieb Höhe herstellt... Nee! Der Notfallbetrieb ist ein Funktionsmodus, ist das Gegenteil des Normalbetriebs. Es kann nicht zugehen wie in ihm. Nein. Aber auch das: Geschenkt!

im 2003 wurden 1704 Geburten gezählt, im 2004 dann 1788, und fürs 2005 zeichnen sich rund 1850 Geburten ab.

Moment! Für 2005 "zeichnen sich 1850 ab"? Heute ist Montag, der 2.1. 2006. Kocher hat den Artikel wann geschrieben? In den letzten Tagen wohl. Und da kann Bitterlin keine genaueren Zahlen liefern? Keine Aussage möglich im Sinne von: "Bis Ende November kamen bereits 1795 Kinder zur Welt im Unispital, die genauen Zahlen für 2005 liegen erst Ende Januar vor, die Verantwortlichen rechnen mit gegen 1850 Kindern"? Offenbar nicht.

Wieso die Geburten am Unispital zunehmen, wo doch schweizweit immer weniger Kinder geboren werden? "Das ist der internationale Trend: Die Konzentration auf die Zentrumsspitäler", sagt Andreas Bitterlin, Mediensprecher des Universitätsspitals.

Buuuuoooaaahhh, that's deep, man! Was für eine erhellende, weiterführende, durchdachte Antwort auf die Frage, warum der Rollback jetzt auch das Thema Geburt erreicht hat: "it's the international trend, stupid!" Da muss die Reporterin nicht kritisch nachfragen, klar. Was soll's an einem "internationalen Trend" auch zu hinterfragen geben, den einem ein Profiteur desselben als Erklärung für ein gesellschaftliches Phänomen vorgaukelt? Wozu braucht eigentlich ein Spital einen Mediensprecher? "it's the international trend, stupid!" Hören wir weiter Geschichten, die Kocher hörte von Bitterlin:

Dann hört man Geschichten wie: Eine Frau, bei der nach geplatzter Fruchtblase die Wehen nach 24 Stunden hätten eingeleitet werden sollen, musste sechs Stunden warten, weil gerade kein Gebärsaal frei ist. "Die Behandlung von Notfällen ist jederzeit gewährleistet", sagt Bitterlin.

Aber wo ist da der Notfall? Fragen Sie eine erfahrene Hebamme! Überhaupt: Hebammen! Es gibt - mindestens - zwei Geburtshäuser (Tagmond, Geburtsstaette) im Verbreitungsgebiet der baz, die sich sicher bedanken dafür, dass Kocher das Bild von Schwangerschaft als Krankheit und Geburt als alternativloser Fall für den Spital perpetuiert.

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