Samstag, 4. Februar 2006

Die Kandidatin als Opfer ihrer selbst

S. 13 nehmen Robert Bösiger und Valentin Kressler Saskia Frei in die Zange:

baz: Der Gegenwind, der Ihnen im Wahlkampf ins Gesicht bläst, wird nämlich immer heftiger. Immer mehr Parteien und Organisationen rufen wegen Ihren Äusserungen zur Sozial- und Integrationspolitik sowie den Nachtclub-Mandaten Ihres Ehemannes Felix Moppert dazu auf, bei der Ersatzwahl leer einzulegen. Wie gehen Sie damit um?

Saskia Frei: Ich teile Ihre Einschätzung nicht: Ein eigentlicher Wahlkampf findet überhaupt nicht statt. Auch das Thema Integration wurde bisher nicht richtig behandelt. Dafür läuft im Zusammenhang mit den Mandaten meines Mannes eine plumpe Diffamierungskampagne.

baz: Wer steckt Ihrer Ansicht nach hinter dieser «Kampagne»?

Saskia Frei: Ich muss Ihnen offen sagen: Ich weiss es nicht.

baz: Machen Sie es sich jetzt nicht ein bisschen zu einfach?

Saskia Frei: Die Mandate meines Mannes sind seit Jahren bekannt. Ich bleibe dabei: Es ist eine plumpe Diffamierungskampagne.

baz: Wir gehen davon aus, dass Ihr Ehemann seine Mandate bei den Lokalen «Zer alte Schmitti» und «Happy Night» zur Verfügung stellt, wenn Sie gewählt werden.

Saskia Frei: Am 14. Februar wird mein Mann eine Medienmitteilung verschicken. Mehr sage ich jetzt nicht.


Man glaubt es kaum. Frei vertröstet die Oeffentlichkeit auf eine Medienmitteilung ihres Mannes, die er, Felix Moppert, zwei Tage nach der Wahl (Wahlsonntag = 12.2.) angeblich rauslassen soll. Also noch am Wahlabend wird sie schweigen über den Umgang ihres Mannes mit seinen Rotlichtverbindungen? Und auch am Montag danach noch. Wirr! Warum kommt ihr 7 Tage vor der Wahl noch immer nicht über die Lippen, was ja so schwer eigentlich nicht sein kann? Etwas im Sinne von: "Ja, Felix Moppert wird die VR-Mandate 'zer alte Schmitti' und 'Happy Night' abgeben, falls ich gewählt werde und das Polizeidepartement übernehme"? Vielleicht darum: Implizit hiesse das, dass Frei und Moppert erkannt haben, dass seine Tätigkeit tatsächlich das Potential zum Interessenkonflikt besitzt. Warum sollte er die Mandate sonst abgeben? "Interessenkonflikt" heisst aber wohl konkret: Moppert tut etwas, das Frei als Polizeichefin nicht wissen oder sehen oder kennen darf.
Oder sie könnte sagen "Mein Mann und ich sind nach reiflicher und ernsthafter Prüfung zum Schluss gekommen, dass es keinerlei Grund gibt, irgendwelche Geschäftsverbindungen abzubrechen, wie in letzter Zeit von einer plumpen Diffamierungskampagne verschiedentlich gefordert wurde, auch wenn ich Polizeidirektorin werden sollte. Denn Felix Moppert hat sich nichts vorzuwerfen." Oder ähnlich. Tatsächlich aber schweigt Saskia Frei beharrlich. Weshalb die baz, zurecht, nachhakt:

baz: Trotzdem: Weshalb hat er nicht schon unmittelbar nach Ihrer Nomination als Regierungsratskandidatin Anfang Dezember Klarheit geschaffen? Das wäre doch politisch geschickter gewesen.

Saskia Frei: Nein. Sie können von einem selbstständigen Anwalt doch nicht ernsthaft erwarten, dass er seine Mandate vor der Wahl aufgibt. Es geht ausserdem nicht nur um die beiden von Ihnen erwähnten Mandate. Es geht um ein «Gesamtpäckli», das bereinigt werden muss.

baz: Von welchen weiteren Mandaten Ihres Ehemannes sprechen Sie?

Saskia Frei:
Auch das Ersatzrichtermandat am Appellationsgericht muss überprüft werden.


Frei schweigt beredt und macht alles noch schlimmer. Indem sie - unaufgefordert und ungefragt - ein neues Thema aufbringt: das Ersatzrichtermandat. Da versagen Bösiger und Kressler nun aber, in dem sie nicht nachfragen. Dabei will doch jetzt das gesamte Publikum wissen: "Warum bitte? Was hat es jetzt damit auf sich? Was hat sein Ersatzrichteramt mit ihrem Regierungsamt zu tun? Geht es um die Gewaltentrennung? Exekutive, Legislative, Judikative? Sag's mir!" Kommt aber nix. Denn die bazler machen weiter mit Sozialpolitik.
Und warum soll Moppert irgendwas "vor der Wahl" aufgeben? Davon spricht ja gar niemand. Es sollte doch menschenmöglich sein, den Auftraggebern klar zu machen: "Hört, wenn meine Frau Polizeichefin wird, hab ich ein Problem. Dann müsst ihr einen anderen suchen. Wird sie's nicht, bleibt zwischen uns alles wie gehabt!" Oder? Dann, zur Oeffentlichkeit gewandt, wäre es ein Leichtes, zu sagen: "Wird Saskia Frei Polizeidirektorin, trete ich zurück." Ohne "vor der Wahl" irgendwas aufzugeben. Freis Argument legt ganz leise die Frage nahe: Hat Moppert so viel zu verlieren, wenn er die beiden Mandate abgäbe? Werden ja wohl nicht seine einzigen Aufttraggeber sein, oder? Ohne die muss er doch nicht gleich am Hungertuch nagen. So wie Frei es heute in der baz - und auch im Kreuzverhöhr bei TeleBasel - darstellt, beschleicht einen allerdings das Gefühl, Mopperts Auftragsbücher seien auch schon voller gewesen. Wenn seine Frau sich so mit einem rein ökonomischen Argument schützend vor ihn stellen muss...
Wie am Schluss des Interviews die Interviewer sich verabschieden, und wie die überraschte Interviewte ihnen ihre Integrationspolitik hinterherruft, und dass die Redakteure sich nicht entblöden, diesen Ablauf wortwörtlich ins Blatt rücken, das finden wir in dieser für alle Beteiligten entlarvenden Offenheit im helvetischen Blätterwald wohl nur noch bei der baz:

baz: Frau Frei, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Saskia Frei: Ich habe eigentlich erwartet, in diesem Interview noch etwas zum Thema Integration sagen zu können.
baz: Bitte.
Saskia Frei: Das Integrationsgesetz beider Basel, so wie es jetzt vorliegt, ist meiner Ansicht nach eine gute Grundlage. Die wirkliche Qualität dieses Gesetzes wird sich jedoch erst nach der Behandlung in den beiden Parlamenten zeigen. Ich würde es deshalb ausserordentlich bedauern, wenn die türkischstämmigen Grossratsmitglieder mit Ihrer Absicht, dem Gesetz die Zähne zu ziehen, durchkommen würden. Damit wäre die partnerschaftliche Vorlage wohl zum Scheitern verurteilt.

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tfrey - 4. Feb, 22:43

Etwas viel Interpretation

Der Schluss, dass Herr Moppert seine Mandate abgebe, sei als 'Schuldgeständnis' zu werten, ist etwas gewagt und lässt auch mangelnde Erfahrung mit politisch Heiklen Themen vermuten. Dass Felix Moppert seine Mandate abgeben wird hat den einfachen Grund, dass es dank der starken Thematisierung durch die Medien erwartet wird und ein Beibehalten der Mandate den politischen Gegner eine unliebsame Angriffsfläche bieten würde - ob gerechtfertigt oder nicht.
Es ist in gewisser Weise mit dem Kinderschänderprozess rund um Michael Jackson zu vergleichen. Auch wenn er freigesprochen wurde, werden immer Menschen seine Unschuld in Zweifel ziehen. Dies gillt es als Politiker frühzeitig zu unterbinden... zumindest, wenn man eine Wiederwahl überleben möchte.

Dass es nicht Aufgabe von Sakia Frei ist, für ihren Mann zu sprechen und dieser zuerst das Wahlergebnis abwarten möchte, halte ich für verständlich. Wer verzichtet schon auf ein Einkommen, so lange er sich noch nicht sicher sein kann, dass es wirklich notwendig ist?

Holbein - 4. Feb, 23:09

schuldig!!!!

du hast völlig recht tfrey. patpatpat kann saskia nun mal nicht schmecken und disqualifiziert sie am laufenden band. was mensch mit dem combino macht, macht er mit saskia. da kann man nichts machen. saskia wählen kann man allerdings.
überdies: dieser blog ist unserer besten zeitung der welt gewidmet. wenn sie gute sachen bringt, wird sie belobigt. bei weniger guten wird sie kritisiert. im fall saskia trifft das nicht mehr zu. patpat hätte eigentlich einen saskia.twoday.net blog einrichten müssen. nur: wer hätte den angeklickt. beim baz.twoday.net war das eher zu erwarten.

wird evtl. gar das medium blog missbraucht?

die frage stellen heisst, sie zu beantworten.
wurstbude - 5. Feb, 07:25

jawohl.

wahrscheinlich wird sogar das internet missbraucht!
werden überhaupt die menschenrechte noch beachtet?
ist das, was hier passiert, vielleicht sogar mit guantanamo zu vergleichen?

mir kommen die tränen. die arme, arme saskia. und der gemeine patpatpat kann sie einfach nicht schmecken. snief.

wenn ihr beiden nicht so verbohrte fdpler und svpler wärt, dann hättet ihr euch auch nur ein einziges mal mit den vorwürfen befasst, anstatt über die "böse kampagne" zu jammern. auf argumente ist frau freis kampagnenleiter, holbein, ja bisher nicht eingegangen. Und wer tfrey ist, war ja leicht rauszufinden.

es bleibt dabei: dass die polizeidirektorin und der bordellbetreiber ein paar sind, ist ein problem. dass die basler politmafia das unter den teppich kehren will, zeigt was für ein verfilzter sauhaufen sie ist.

tfrey - 5. Feb, 10:32

Summary

Dies hat wenig mit meiner Parteizugehörigkeit zu tun. Genau wie ich Frau Fetz nicht vorverurtteilt habe (übrigens auch so ein Michael Jackson Fall) tue ich dies auch mit Frau Frei nicht.
Wenn Felix Mopprt seine zweifelhaften Mandate erst nach der Wahl abgibt, ist das für mich absolut ok. Wie gesagt, der Mann muss sich auch sein Brot (oder wohl eher etwas mehr) verdienen.
Dass dieses vorgehen nur zwischen den Zeilen kommuniziert wird, ist tatsächlich unglücklich und müssen sich die beiden vorwerfen lassen. Felix Moppert hält sich offensichtlich ein Türchen offen, um im Falle einer Nichtwahl die Mandate behalten zu können.
Die aktuelle Dreckschleuderei rechtfertigt dies allerdings noch nicht. "noch nicht", da ich im Falle eines Nicht-handelns NACH erfolgreicher Wahl, durchaus Verständnis dafür aufbringen könnte.

Blog Gaischt - 5. Feb, 15:03

Tztztz

Dieser Beitrag, lieber Patapat, hat wirklich nur ganz entfernt mit der BaZ zu tun. Der Blog disqualifiziert sich. Man darf also erwarten, dass, falls Frau Frei gewählt wird, regelmässig der Blog vollgestopft wird mit persönlichen Aversionen Patpats. Eigentlich schade.

patpatpat - 5. Feb, 15:51

Relax!

Tief durchatmen! Freut euch doch alle über die Gelegenheit, hier ein paar Tage lang unzensiert über Lokalpolitik debattieren zu können. Das gibt's ja sonst nirgends, oder? Oder kennt jemand in der politisch offenbar erfrischend breit gefächerten Runde hier eine elektronische Plattform, die der Diskussion von stadtbasler Politthemen gewidmet ist? Parteiunabhängig betrieben, bitte. Regelmässig gefüttert, breit wahrgenommen, alles erlaubend an Streitformen, ausser strafbaren Verleumdungen und Persönlichkeitsverletzungen. Linktipps sind willkommen.
Das mit den Blogs ist - nach meiner Erfahrung - eine nette und praktische Sache für's rhetorische Feuerwerk, für polemische Strohfeuer, für Nadelstiche, für Selbstinszenierung und -ermächtigung, für minimal aufwändige - auch zeitlich ausgedehntere - Kampagnen pro oder contra irgendwas. Asynchrone, längere, ernsthafte Diskussionen und Debatten sind da aber nicht optimal zu führen, find ich. Gegenmeinungen willkommen! In dem Zusammenhang sei auf diese Veranstaltung am nächsten Mittwoch im Liberalen Institut in Zürich hingewiesen: "Bloggologie und Meinungsmacht".

Und: Keine Angst! Sobald die Wahl vorüber ist, wird sich dieser Blog hier ziemlich sicher wieder auf seine Kernkompetenz besinnen: schärfstmögliche Sprachkritik am dankbaren Opfer baz. Aber bis dahin ist wohl tatsächlich noch mit dem einen oder anderen Exkurs zu rechnen.

Gesammelte Bazismen

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