Montag, 31. Oktober 2005

Sarasins Guantanamo

kultur.magazin, S. 4 ff, Michèle Binswanger bringt Heissluftventilator Philipp Sarasin per Interview zu folgenden Aussagen (Gratuliere!):

Ich glaube, der Wiederaufsteig der Religionen hängt auch damit zusammen, dass viele Leute das alles als leer empfinden. Sie sagen: endlos Sex und Geld, das interessiert mich nicht mehr, ich will einen tieferen Sinn. Dass es diesen tieferen Sinn aus der Perspektive der Aufklärung nicht mehr gibt, scheint offenbar schwer auszuhalten.
Was genau haben wir denn verloren?
Ein starkes Bild, das mir bei Ihrer Frage in den Sinn kommt, stammt aus dem Bericht eines ehemaligen Wärters in Guantànamo. Eine der offenbar brutalsten Massnahmen, um die Gefangenen geständig zu machen, ist diese: Die islamischen Männer werden gefesselt, auf den Boden gelegt und dann strippt eine Tänzerin über ihnen. Es soll nie so viele Selbstmordversuche geben wie nach dieser Prozedur. Daran sieht man vielleicht, wie spezifisch unsere Kultur ist, und überdies, dass wir offenbar bestimmte Werte verloren haben, die zum Beispiel einem gläubigen Muslim sehr wichtig sind. Ich will nicht sagen, dass ich diesen Werteverlust persönlich bedaure, ich stelle ihn aber fest.


Wenn die Folterknechte in Guantanamo eine Frau mit finanziellen Anreizen dazu bringen, sich über einem gefesselten Gefangenen auszuziehen, sehe ich vieles, nur keine Spezifik "unserer" Kultur. Angesichts der so traktierten Gefangenen, die sich danach lieber umbringen, als in Guantanamo weiterzuvegetieren (Namensliste der 434 bekannten Gefangenen, publiziert von der Washington Post), diagnostiziert Historiker Sarasin an sich selber einen nicht zu bedauernden Werteverlust. Das heisst, Sarasin ist froh, dass er gefesselt am Boden liegend eine Stripperin über sich ertragen könnte, ohne danach mit dem Suizid zu liebäugeln. Das glaub ich ihm sofort, ginge wohl den meisten hierzulande so und ist darum von eher magerem Erkenntniswert. Wie allerdings reagierte Sarasin nach drei Jahren Lagerhaft in Guantanamo auf diese Folter? Was wär von ihm noch übrig? Was könnte er noch mobilisieren, um seinen Überlebenswillen aufrecht zu erhalten? Oder würde nicht auch er, Herkunft aus dem "Basler Daig" hin oder her, die Toten beneiden? Das nimmt mich wunder, und nicht Sarasins kurzatmige Kulturtheorie. Und, um noch arroganter zu wirken: Der ganze Körperdiskurs ist ja so was von passé, Herr Sarasin!

Freitag, 28. Oktober 2005

Inkognito

Ein interessanter Artikel heute auf Seite drei, Herr Buess, über die regionale Bloggerszene. Inkognito ist das richtige Wort für die UBOs, die "unidentified blogging objects". In höherstehenden Kreisen der Kulturschaffenden nennt man dies auch Pseudonym. Vielleicht ein adäquates Mittel in der regionalen Szene der Tageszeitungen, die nicht gerade durch Vielfalt geprägt ist, digitaler Mahnfinger zu sein. Oder eben nur ein kaum wahrgenommener Geist in der Bloggerszene.

(Der Artikel liegt leider nicht im freien Bereich von www.baz.ch, deshalb auch keine Zitate)

Dienstag, 25. Oktober 2005

Es ist immer noch nicht aller SaboTage Abend!

Die BaZ verspricht auf www.baz.ch

NEUE ENTWICKLUNGEN IM FALL SABO AM MITTWOCH IN DER BAZ

Wer kann das noch hören resp. lesen? Genug ist genug. Ohne die sauren Gurken und und die leeren geistigen Fleischtöpfe der BaZisten wäre das Thema in zwei bis drei Beiträgen erschöpfend abgehandelt worden. Vertiefung hätte es im Röschenzer Boten gefunden. Aber nein: zwischen den parkierten Autos auf dem Münsterplatz und den (ebenfalls von den um Themen verlegenen BaZisten angestachelten) potentiellen Nachfolgern eines potentiell olympischen Eventuellbaldaltregierungsrates musste ein weiteres Sujet her. So bekam Sabo neben der Kanzel ein weiteres Podium der Selbstdarstellung. Und die Leser nach wie vor nichts Interessantes und Relevantes vorgesetzt.

Die grosse Hoffnung war die Vogelgrippe (obwohl Bischof Vogel leider nicht mehr im Amt ist). Der genervte BaZ-Konsument hoffte auf den herbstliche Aufwisch und die Bereinigung des dürftigen Inhalts unseres Lokalblättchens. Nicht die Bohne. Die obersauren Gurken in der Redaktionsstube wollen nicht weg. Sabo Sabo noch einmal, es war so wunderschöööön....

Montag, 24. Oktober 2005

Don't panic!

Man kommt sich vor wie in "the hitchhikers guide to the ga'baz'y" bei der Lektüre des Artikels von Julia Konstantinidis auf der Frontseite und möchte der Dame in Douglas Adamscher Manier zurufen "Don't panic!":

Kein Fussball bei Pandemie - Sollte sich das Vogelgrippe-Virus zu einer Pandemie auswachsen, treffen die Basler Behörden rigorose Vorkehrungen. Öffentliche Anlässe wie Fussballspiele oder Konzerte würden abgesagt. Der Öffentlichkeit würden Verhaltensregeln angeordnet - etwa Händewaschen oder der Verzicht auf Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln.

Halten wir zunächst fest: Ein Virus kann sich nie zu einer Pandemie auswachsen, auch wenn es sich noch so sehr anstrengt. Und was auf Basel zukommt, sofern die dunkelsten Phantasien von Konstantinidis und Kantonsärztin Witschi Realität werden (siehe Böcklins Pest), geht wohl über das staatlich verordnete Händewaschen und abgesagte FCB-Spiele (das hätt ja vielleicht auch Vorteile...?) hinaus. Insofern frag ich mich, ob der Titel "Kein Fussball bei Pandemie" nur dumm oder schon zynisch zu nennen ist. Billige Stimmungsmache ist es zum jetzigen Zeitpunkt allemal.

Samstag, 22. Oktober 2005

Grauenhaft: Massenlager statt Hotel

Heute auf Seite 1:
Massenlager statt Hotel - wegen «Wilma»

AUF DER FLUCHT. Der gefährliche Hurrikan Wilma hat Mexiko erreicht: Der Wirbelsturm peitschte am Freitag mit Windgeschwindigkeiten von 230 Kilometern pro Stunde und sintflutartigen Regenfällen über die Insel Cozumel hinweg. In Cancún auf der Halbinsel Yucatán wurden fast 50 Hotels evakuiert, die Touristen in Sporthallen provisorisch untergebracht (Bild). Auch 314 Schweizer sollen sich in Sicherheit gebracht haben. Auf Kuba und in Florida wird Hurrikan Wilma, der ein Auge von 65 Kilometer Durchmesser besitzt, ebenfalls gefürchtet.


Die Tatsache, dass Touristen (es hat - juhu - auch Schweizer dabei!) von "Wilma" aus ihren komfortablen Hotels in Massenlager vertrieben wurden, ist der BaZ von heute einen Blickfang wert. Auf der ersten Seite dominiert eine Grossaufnahme von reichen Schluckern, wie sie - igittigitt - auf Matrazen schlafen müssen.

Als nächstes wird uns wohl noch eine Grossaufnahme einer zerstörten über 1000fränkigen Kamera oder eines ruinierten Designer-Pullovers eines Schweizers aus dem Erdbebengebiet in Asien verbunden mit einem Erlebnisbericht über ein kaltes Nachtessen zugemutet.

Das ist ja nicht nur peinlich sondern widerlich, mit welcher Arroganz die Blattmacher die erste Seite gestalten und generell Katastrophen medial ausschlachten.

Ach ja: auf Seite drei steht noch etwas mehr. Aber das Grauen der armen Touristen ist schon wichtiger.

Gesammelte Bazismen

Die baz (Basler Zeitung) ist die beste Zeitung der Welt und ich bin ihr Prophet! It's a dirty job, but somebody's got to do it! language is a baz-illus! Hier können übrigens alle mitschreiben. Alle mit einem twoday-account. Und der ist gratis! Feedback via "bazismus @ mac.com".

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