Mittwoch, 20. Oktober 2004

Einen hab ich noch!

bazkultur.magazin S. 3, Hans-Joachim Müller insgesamt lobend über eine Ausstellung im Museum für Gegenwartskunst, Titel des Artikels

Das untröstliche Nebeneinander der Perspektiven und Massstäbe

Untröstlich bin ich, dass ich dem geneigten Publikum nicht erklären kann, was Herr Müller genau meint mit einem "untröstlichen Nebeneinander". Im Lauftext schreibt er gegen den Schluss:

Bei Magritte ist der Bildrahmen noch immer für das Erkenntnisinstrument Perspektive eingerichtet. Bei Borremans gilt nur das untröstliche Nebeneinander der Perspektiven und Massstäbe. Es gibt so viele Sichten, dass es nicht mehr zu Einsicht kommt - eine sehr gegenwärtige Erfahrung.

"Untröstliche" geschrieben und "unzusammenhängende" gemeint oder "harte" oder "unvereinbare". So etwa. Es wäre übrigens auch ganz ohne lästiges Adjektiv gegangen:

Bei Borremans gilt nur das Nebeneinander der Perspektiven und Massstäbe.

Dann heisst's schon fast was.

Noch ein Détail

bazkultur.magazin S. 3, vernichtende Kritik des Musicals über Louis Armstrong im Häbse Theater aus der Feder von Tom Gsteiger, letzter Satz

Die Fallhöhe zwischen dieser solid-biederen Abendunterhaltung und Armstrongs Grandezza und Genialität ist sehr gross.

Intuitiv würd ich sagen, eine Fallhöhe (die diesmal zum Glück niemand durchexerzieren will) ist zwischen einem Oben und einem Unten. Zwischen unten (solid-biedere Abendunterhaltung) und oben (Grandezza und Genialität) hat's bestenfalls Steighöhe. Jetzt wird's aber etwas düpflischisserisch, zugegeben.

Ach so!

baz S. 11, erneuter Hinweis auf eine Propagandaveranstaltung in Sachen Biotechnologie (hatten wir schon, ja). Jetzt erklärt Wissenschaftsredaktor Martin Hicklin, was im dazugehörenden Inserat mit "Life Sciences - Das Schwungrad unserer Region" unlängst nur angedeutet war:

Life Sciences und ihre Industrie spielen in der Region eine unübersehbar wichtige Rolle. Sie sind das Schwungrad, das der Region auch dann ein überdurchschnittliches Wachstum erhält, wenn anderswo die Flügel lahmen.

Jetzt versteh ich das Schwungrad. So ein Schwungrad ist tatsächlich eine wichtige Rolle! Moment, ich hör jemanden beanstanden, dass hier immer von "Propagandaveranstaltung" die Rede sei. Das stimme doch gar nicht. Es heisse ja sogar im Inserat, das Publikum könne Fragen stellen. Also: Wer sitzt auf dem Podium?

Auf dem Podium sitzen neben dem BioValley-Week-Organisator Prof. Fritz Bühler der Direktor der Handelskammer beider Basel, Andreas Burckhardt, Prof. Paul Herrling, Leiter von Corporate Research der Novartis Pharma, sowie der Vizerektor und "Forschungschef" der Basler Universität Gian-Reto Plattner

Voll die programmierte Kontroverse, zugegeben! Ich seh's. Ich nehm das mit der "Propaganda" zurück und behaupte es sei eine öffentliche ZK-Sitzung.

Nur ein Détail

bazkultur.magazin, S. 7, Besprechung von "Höllen-Lärm", offenbar das Standardwerk in Sachen "Metal"

Metal in den Achtzigern und Neunzigern, als aus der Vergbindung mit Punk und Hardcore in eine Vielzahl wilder Substile und befremdender Verhaltensformen explodierte, erklärt er profund.

Lange meinte ich, es komme nur auf die Betonung an, dann mache der Satz schon Sinn. Und ich fände halt nicht den richtigen Ort für den Akzent. Dabei muss ich gar nicht den Fehler bei mir suchen: Es fehlt objektiv ein "er". Zwischen "als" und "aus" und schon geht die Sache auf! Vorausgesetzt Metal ist maskulin.

Willkommen in der Gegenwart!

baz, S.3, Sprachkolumne von Sigfried Schibli über die "praktische Sprache Deutsch".

Vor allem die Möglichkeit zum Verbinden von Wörtern schafft eine Fülle von Möglichkeiten.

Schibli zählt begeistert auf: "Grillwein" und "Passivsportler". Man nimmt es achselzuckend zur Kenntnis und denkt: "Warum nicht?" Staunen machen erst die ersten 8 der letzten 11 Zeilen der Spalte:

Den Vogel schiesst ein neuerdings häufiger zu lesendes Wort ab: "Mund-zu-Mund-Propaganda". Die Annahme, damit sei das Liebesgeflüster gemeint, wird enttäuscht, geht es doch allein um die Empfehlung einer Person an eine andere Person, sie solle das oder jenes tun.

"Nit mööööögli!" würde da Clown Grock staunen. Vielleicht hat ja Herr Schibli in letzter Zeit seinen Kopf vor allem in mittelalterliche Folianten gesteckt, dass für ihn der Begriff "Mund-zu-Mund-Propaganda" ein "neuerdings häufiger zu lesendes Wort" ist? Ich ahne Schlimmes: Dann weiss er wohl auch nicht, dass sein Text in einer baz abgedruckt wurde, die seit einigen Wochen neugestylt daherkommt! Voll krass, Mann!

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